Der Schlossgarten und -park von Schloss Tjolöholm war Lars Israel Wahlmanns bedeutendster Privatauftrag für eine Gartenplanung. Tjolöholm ist eine außergewöhnliche Schlossanlage, auch weil der Architekt größtenteils für die gesamte Gestaltung allein verantwortlich war – und das scheinbar ohne finanzielle Beschränkungen.

Das Schloss liegt idyllisch in einer Senke am Meer, umgeben von schützenden Hügeln. Die Schärenlandschaft bildet einen deutlichen Kontrast zum Anwesen und die Nähe zum Meer ist allgegenwärtig. Je nach Tages- und Jahreszeit verändert sich die Wirkung des Schlossgartens. In der Nähe des Schlosses erscheint er streng und geordnet, aber nach und nach passt er sich der umliegenden Landschaft an. Schloss Tjolöholm scheint regelrecht aus der Umgebung emporzuwachsen!

Inspirationsquelle Arts and Crafts

Die britische Arts-and-Crafts-Bewegung entstand in der Folge der Industrialisierung. Einflussreiche Vordenker, Formgestalter und Architekten kritisierten zunehmend die Massenproduktion, die in ihren Augen zu einer Verarmung des traditionellen Handwerks führte. Sie befürworteten die Verwendung natürlicher Materialen und eine qualitativ hochwertige Herstellung im Sinne früherer Gestaltungsprinzipien. Zu den bekanntesten Vertretern der englischen Reformbewegung zählen der Kunstgewerbler William Morris mit seinen unvergessenen Textilien und Tapeten und die berühmte Gartenkünstlerin Gertrude Jekyll, die hunderte englische Gärten plante. Die damals propagierten Ideale hatten großen Einfluss auf Lars Israel Wahlman, der 1897 Schloss Tjolöholm mitsamt dem Schlossgarten und Dorf für die Gutsarbeiter entwarf.

Die Anhänger der Arts-and-Crafts-Bewegung waren stark vom 16. Jahrhundert inspiriert, dem sie eine hohe handwerkliche Qualität zuschrieben. Häufig finden sich in Arts-and-Crafts-Gärten Stilelemente aus der Zeit der Tudors, so auch bei Schloss Tjolöholm. Dem Ideal folgend ist der Park vom Verhältnis zur unberührten Natur geprägt. Der formvollendete Schlossgarten von Tjolöholm mit seinem englischen Rasen und den beschnittenen Sträuchern scheint mit der ihn umgebenden Natur zu verschmelzen. Außerdem nimmt er deutlich Bezug aufs Schloss, zum Beispiel durch ein geometrisches Muster aus 49 Rasenquadern, das zum Schlossportal führt, und unterhalb davon eine großzügige Rasentreppe, die auch von Gartenanlagen des 16. Jahrhunderts inspiriert ist. Zum Meer hin erstreckt sich ein sogenannter „Senkgarten“, dieser tiefer liegende Gartenbereich ist ein typisches Gestaltungselement englischer Gärten.

Räume und Sicktachsen

Mit Hilfe von Hecken, Mauern und Büschen schufen die Anhänger der Arts-and-Crafts-Bewegung in den Gärten Räumlichkeit. Die Abgeschiedenheit dieser kleinen Räume steht im Kontrast zu den Sichtachsen, die aus den Gärten hinausführen und eine Unendlichkeitsperspektive erzeugen. Auf Tjolöholm ist diese Wirkung besonders intensiv, wenn man vom Garten auf den weiten Horizont blickt oder durch den kürzlich restaurierten Rosengang spaziert, der das Schloss mit dem Meer verbindet.

In den letzten Jahren wurden im Schlossgarten Blumenbeete nach dem Vorbild der Arts-and-Crafts-Bewegung angelegt. Diese sind üppig bepflanzt und wirken mitunter ein wenig unordentlich, obwohl ihnen eine sorgfältige Planung zugrunde liegt. Damit sollte der Eindruck erweckt werden, die Blumenpracht wäre auf natürliche Weise entstanden. Man kombinierte vornehmlich ausdauernde Pflanzen mit Lauchgewächsen, Rosen und Sträuchern. Der Boden sollte immer bedeckt sein wie in der Natur auch.

Die Arts-and-Crafts-Bewegung liegt zwar mehr als hundert Jahre zurück, aber ihre Ideale sind noch immer überraschend aktuell. Auch im 21. Jahrhundert streben wir nach Einzigartigkeit und das Nachdenken über Nachhaltigkeit und regionale Produkte hat heutzutage vielleicht mehr Relevanz als je zuvor. Ein Besuch auf Schloss Tjolöholm ist deshalb gleichermaßen eine Reise in die Vergangenheit und ein Ausgangspunkt für Neuerungen.

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